Gesetzesänderung pusht Autonomes Fahren

Klimawandel, Platzmangel in den Städten sowie der Wunsch nach mehr Verkehrssicherheit bestärken Wissenschaftler und Automobilbauer darin, autonom fahrende Fahrzeuge zu entwickeln. Um diese von den Teststrecken auf die Straße zu holen, hat Deutschland jetzt als erstes Land weltweit die dafür notwendigen verkehrsrechtlichen und pflichtversicherungsrechtlichen Gesetzesänderungen beschlossen. Christian Marnitz, Rechtsexperte von freem, dem Verkehrsrechts-Portal der Flightright-Gruppe, begrüßt diesen Schritt. Er glaubt jedoch, dass Privatnutzer auf ein komplett automatisiertes Fahren noch warten müssen.

Bereits im Juni 2017 erließ die Bundesregierung ein Gesetz, dass es automatisierten Fahrzeugen bis einschließlich Stufe 3 erlaubt, unter gewissen Voraussetzungen die Fahraufgabe zu übernehmen. Das heißt, seit Jahren dürfen hierzulande bereits Fahrzeuge auf die Straße, die es Nutzern erlauben, sich vorübergehend vom Verkehrsgeschehen abzuwenden.

Als erster Staat geht Deutschland jetzt sogar einen Schritt weiter. Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen. Um das zu erreichen, hat der Bundestag am 20. Mai 2021 einen entsprechenden Gesetzentwurf „zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes“ beschlossen. Ein Beschluss, mit dem Deutschland „als erster Staat weltweit Fahrzeuge auf der Straße zulässt, in denen alle Insassen Passagiere sind“, so der Verkehrsrechtsexperte. Für bestimmte Aufgaben sind hierzulande also Fahrzeuge der Stufe 4 (siehe Grafik) zugelassen.

Ethische Fragen geklärt

Doch ob bzw. wie schnell sich das autonome Fahren durchsetzt, hängt nicht nur von der Klärung rechtlicher Fragen ab. Auch unzählige ethische Entscheidungen gilt es zu treffen. 2016 konstituierte sich deshalb eine Ethik-Kommission im Auftrag des damaligen Verkehrsministers Alexander Dobrindt. Ziele der interdisziplinär besetzten Kommission: Antworten auf wichtige ethische Fragen finden und verbindliche Leitlinien für die Entwickler automatisierter und autonomer Systeme festlegen.

Formuliert wurden im Abschlussbericht 2017 deshalb 20 ethische Regeln. Festgehalten wurde beispielsweise, wie autonome Fahrzeuge sich in bestimmten Situationen zu verhalten haben. Das Regelwerk untersagt beispielsweise eine Aufrechnung von Menschenleben. Das heißt, der Algorithmus eines autonom fahrenden Autos darf das Leben eines Kindes nicht über das eines Rentners stellen. Gleiches gilt auch für Kriterien wie Geschlecht, Hautfarbe, körperliche oder geistige Konstitution.

Außerdem verweist das Regelwerk auf die Notwendigkeit, zu jedem Zeitpunkt nachvollziehen zu können, wer für die Fahraufgabe zuständig war – das Fahrzeug oder der Nutzer. Im Falle eines Unfalls oder einer Verkehrsrechtsverletzung kann so die Frage der Schuld klar beantwortet werden.

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